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Bjarne, Freiwilligendienst mit weltwärts in Südafrika

Ein Jahr in Südafrika

Vorab möchte ich sagen, dass ich das außergewöhnlichste Jahr meines Lebens in Südafrika erleben durfte. Ich hatte die Möglichkeit zu wachsen, zu lernen und zu genießen. Ich werde dieses Jahr mit Sicherheit für immer in Erinnerung behalten!

Vor dem Jahr war ich ziemlich nervös und wusste nicht so recht, was mich erwarten sollte. Dennoch freute ich mich auf die Abwechslung und das Abenteuer, was vor mir lag. Ich erinnere mich so an den Beginn des Jahres, dass ich nicht realisierte, wie weit und wie lange ich von zu Hause wegbleiben sollte und dass die Unterkunft tatsächlich mein Zuhause für ein Jahr sein würde. Das ist nicht unbedingt negativ, es half mir einfach „einzutauchen“ in diese Erfahrung, und so lebte ich mich ziemlich schnell in Port Elizabeth ein. Wenn ich zurückdenke an die ersten Wochen, fällt mir auf, dass Brianne und ich ziemlich „blauäugig“ waren. Als Beispiel ließen wir direkt zwei offiziell aussehende Männer am Johannesburger Flughafen unser Gepäck tragen. Erst zu spät fiel mir auf, dass wir ausgetrickst wurden und relativ viel Geld dafür zahlen sollten.
Abgesehen davon gestaltete sich der Einstieg ziemlich leicht, auch durch das Glück der tollen Freiwilligen, die sich zu der Zeit im Haus befanden. Es bildete sich eine homogene Gruppe, mit der wir essen gingen, Dinge unternahmen und Wochenendausflüge organisieren konnten. Schnell kamen wir dann auch in den Arbeitsalltag. Izizwe Projects ist eine kleinere Non-Profit-Organisation mit Standpunkt in Gqebera, auch Walmer Township genannt. Izizwe konzentriert sich auf die unmittelbaren Bedürfnisse innerhalb der umliegenden Community. Abgesehen von den Gründern und Koordinatoren arbeiten drei „Locals“ im Projekt.

Die Programme umfassten unter anderem Sport, Tanzen und Unterricht. Dazu kamen noch (Vor-)Mittags-Programme für Zahnpflege, Erwachsenenunterricht, gelegentlich Schwimmen und neuerdings Brandprävention sowie Nachmittagsangebote wie Basketballtraining und Hausaufgabenhilfe. In den Schulferien bietet Izizwe außerdem ein Ferienprogramm an und veranstaltet gelegentlich kleinere Tagesevents, wie das „Ulutsha“ (Xhosa für Jugend)-Festival. Bis auf das Highschool Basketballtraining und Erwachsenenunterricht zielen alle Programme entweder auf Kindergarten- oder Grundschulkinder ab. Im Arbeitsalltag können sich dann alle Freiwilligen jeden Morgen entscheiden, welcher Aktivität sie sich jeweils für den Tag anschließen möchten. So blieb die Arbeit abwechslungsreich und die Freiwilligen konnten sich nach ihren Stärken aufteilen. Brianne und ich gingen häufig zum Sportprogramm. Nach dem neuen Jahr änderte sich unsere Routine etwas. So bestand der Arbeitstag in der Regel aus Arbeit bis 13:30 Uhr, dann einer einstündigen Mittagspause und schließlich der Nachmittagsaktivität bis 15:30 Uhr. Abgesehen vom Sportprogramm hatte man während der anderen Programme viele kleinere Pausen während des Tages, die man für Dinge wie Gartenarbeit, „Ecobricks“ oder der Planung kommender Events verwenden konnte.

Unsere Aufgaben lagen vor allem darin, das Projekt so gut wie möglich in allen Programmen zu unterstützen und die neuen Freiwilligen etwas einzugewöhnen. So waren wir Teil aller Programme. Wir bauten außerdem die „Ecobrick–Wall“ (eine Wand, bestehend aus Plastikflaschen, die mit Plastikmüll gefüllt sind), ackerten im Garten des Projekts und der Highschool und halfen einige Male etwas in der Community, wie beim Bauen und Streichen eines kleinen Hauses. Außerdem übernahmen wir fast komplett die Organisation der Ferienprogramme, inklusive Posterdesign, Crowdfunding, Tagesplanung und Aufteilung des Teams. Besonders die Ferienprogramme waren somit sehr anstrengend, da viel Verantwortung auf uns lag. Was mir auffiel, war, dass einige Freiwillige nicht so engagiert mithalfen. Das hat mir persönlich am wenigsten am ganzen Jahr gefallen, da ich häufig während dieser Zeit sehr gestresst war. An manchen Tagen des Ferienprogramms waren 200 – 300 Kinder pro Tag da, sodass wir häufig quasi alleine 50 – 60 Kinder beschäftigen mussten.

Die lustigsten Momente erlebte ich definitiv beim „Rumblödeln“ mit dem Team. Da wir uns untereinander gut verstanden, entstanden schnell Running Gags, lustige Witze und Situationen, wenn wir uns gegenseitig auf den Arm nahmen, laut zu Musik sangen und/oder tanzten, Geschichten erzählten, UNO in den Pausen spielten oder mit den Kindern herumalberten.

Gelernt in diesem Jahr habe ich vor allem über die Kultur der Xhosa. Neben einigen Wörtern von der Sprache waren alle „Locals“ stets dazu bereit, kleinere und größere Traditionen und Brauche zu erklären. Diese gingen etwa vom kompletten Füllen eines Bechers und bestimmten Begrüßungen bis zu Zeremonien von Hochzeiten (inklusive „Lobola“, also Geld, das an die Familie der Braut gezahlt wird), dem Übergang ins Erwachsenenalter und Beerdigungen. Ich persönlich finde die Kultur sehr interessant, deshalb fand ich es immer spannend, mehr darüber zu erfahren. Ebenfalls aufgefallen ist mir aber auch, wie stark immer noch zwischen ethnischen Gruppen in Südafrika unterschieden wird. Es gibt nach meiner Wahrnehmung sehr viele Vorurteile untereinander, die nicht unbedingt negativ sein müssen, aber in jedem Fall bemerkbar sind. Ich fand, dass die Apartheid gerade bei älteren Generationen immer noch stark zu spüren war, jedoch auch, dass in der jüngeren Generation (z.B. unter den Studierenden der Universität) mehr Durchmischung und Offenheit gezeigt wurde. Außerdem fiel mir auf, welches voreingenommene Bild viele Europäer und Amerikaner von Afrika haben.

Über mich selbst habe ich vor allem gelernt, dass ich selbstbewusster und selbstsicherer auftreten kann und wie viel Spaß mir die Arbeit mit Kindern über einen längeren Zeitraum doch gemacht hat. Außerdem ist mir aufgefallen, dass ich das Prinzip einer Organisation innerhalb einer Community sehr spannend finde und tatsächlich eventuell selbst Lust darauf hätte, in der Zukunft eine zu gründen oder bei einer zu arbeiten.

Die letzten Wochen waren sehr anstrengend für mich, da ich mich um viele Dinge auf einmal kümmern musste. Zudem rückte der Gedanke an den Abschied immer näher. Gerade die Lebenssituation im Freiwilligenhaus war jedoch anstrengend und ich freute mich auf meine eigene Privatsphäre und mein eigenes Zimmer. Außerdem hatte ich einige Schwierigkeiten mit den neuen Koordinatoren des Hauses, die teilweise sehr strikt waren. Deshalb konnte ich mich auch auf einiges zu Hause freuen. Aber es fiel mir vor allem schwer, Lebewohl zu allen Kindern und besonders den vielen Menschen vor Ort zu sagen, die ich sehr ins Herz geschlossen habe. Damit hatte ich bis zum Schluss und teilweise auch weiterhin zu kämpfen. Nun geht aber mein Leben in Deutschland weiter. Ich habe jetzt einen Job als Schulbegleiter und werde mich über Studiengänge informieren, sodass ich hoffentlich zum nächsten Wintersemester etwas für mich Sinnvolles studieren kann.

Ich halte weiter Kontakt zu vielen ehemaligen Freiwilligen und Freunden aus Südafrika. Insgesamt hatte ich eine außerordentlich positive Erfahrung in Südafrika, die ich, wie bereits zu Anfang gesagt, für immer in Erinnerung behalten werde. Ich habe unglaublich viele schöne Momente, neue Freundschaften und Besonderes erleben dürfen. Ich würde diesen Freiwilligendienst allen empfehlen, die etwas von der Welt sehen, den eigenen Horizont und die Komfortzone erweitern und etwas Unvergessliches erleben möchten!
Bjarne

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